IndustrieTreff - Die These "Strom aus Großkraftwerken verstopfe die Stromleitungen" ist nicht haltbar / Be

IndustrieTreff

Die These "Strom aus Großkraftwerken verstopfe die Stromleitungen" ist nicht haltbar / Bedeutung der synchronisierten Erzeugung für die Versorgungssicherheit

ID: 1366868

(ots) - Wind- und PV-Anlagen brauchen verlässliche Partner.
Ohne synchronisierte Stromerzeugungsanlagen können die
witterungsabhängigen Wind- und PV-Anlagen nicht betrieben werden. Ein
jederzeit verfügbarer und regelbarer Kraftwerkspark muss bereit
stehen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Auch
bei hohem Wind- und PV-Stromangebot kann eine sichere Stromversorgung
nur mit synchronisierten Erzeugungsanlagen gewährleistet werden.
Dafür stehen die Begriffe Systemdienstleistung und
Mindesteinspeisung. Der Betrieb von Kohlen- und Gaskraftwerken ist
also aus zwei Gründen unverzichtbar.

Die Entscheidung, die Nutzung der Kernenergie hierzulande bis zum
Jahr 2022 zu beenden und der weitere Ausbau von Wind- und
PV-Erzeugung sind die maßgeblichen stromwirtschaftlichen
Randbedingungen der kommenden Dekaden. Hieraus ergibt sich die Frage,
wie eine sichere Stromversorgung und die Netzstabilität gewährleistet
werden.

Die Frequenz von 50 Hz ist der Takt, nach dem das Stromnetz
arbeitet. Synchronisierte Stromerzeugungsanlagen sind fest an diese
Frequenz gebunden und halten sie in einer Bandbreite von 49,8 bis
50,2 Hz. Steigt die Stromabnahme sinkt die Frequenz und sofort muss
mehr Leistung ans Netz gebracht werden, sonst bricht es zusammen
(Regelleistung). Das gilt umgekehrt bei sinkendem Strombedarf.
Typische Anlagen, die synchronisiert mit dem Netz Strom erzeugen,
sind Wärmekraftwerke, die einen Dampfkreisprozess nutzen und Uran,
Kohle sowie Gas als Brennstoff einsetzen.

Wind- und PV-Anlagen sind einerseits witterungsabhängig und
deswegen nicht immer verfügbar, andererseits werden sie ganz
überwiegend nicht synchronisiert betrieben. So nutzt man z. B.
Wechselrichter, um Wind- und PV-Anlagen ans Netz anzuschließen.
Dieser, über eine Leistungselektronik erzeugte Wechselstrom, wird




vereinfacht gesprochen auf die im Netz bestehende Frequenz
aufgespielt, die von den synchronisierten Anlagen stabil gehalten
wird. Selbst wenn einige Windanlagen synchronisiert arbeiten, können
sie Systemdienstleistungen nur sehr eingeschränkt erbringen, weil sie
bei Flaute nicht zur Verfügung stehen und hinsichtlich der Leistung
nur ab- aber nicht aufgeregelt werden können.

Synchronisierte und witterungsunabhängige Stromerzeugungsanlagen
sind für den stabilen Netzbetrieb also unverzichtbar. Man spricht von
Systemdienstleistungen und einer Mindestlast. Damit allerdings wird
die Strommenge begrenzt, die aus Wind- und PV-Anlagen in das Netz
eingespeist werden kann. Mit der Integration wetterabhängiger PV- und
Windleistung in das Stromsystem sind demnach zwei Fragen verknüpft.

Zunächst müssen konventionelle Kraftwerke immer dann verfügbar
sein, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Die
geringste gleichzeitige Einspeisung von Wind und PV liegt bei kleiner
1 % der Kapazität, d. h. bei wenigen hundert Megawatt.(1) In diesem
Kontext sind auch Laständerungen zu beherrschen, die im Bereich Wind
und Photovoltaik auftreten können. Stichworte hierzu sind "größter
Viertelstunden- oder Stundensprung". Dabei sind steile Gradienten bei
Anstieg und Abfall der Leistung sehr herausfordernd. Sie wurden
allerdings im Zusammenwirken der thermischen Kraftwerke und
Pumpspeicheranlagen bisher immer sicher beherrscht.

Wenn konventionelle Kapazitäten hochgefahren werden, steigt der
Anteil der Synchronmaschinen an der Last und damit die
Netzstabilität. Wenn aber in großem Umfang nicht regelbare oder nicht
synchronisierte Leistung ins Netz eingespeist wird, ist zu fragen,
wie dann die Systemstabilität weiter gewährleistet werden kann. In
diesem Fall müssen die synchronisierten Erzeugungseinheiten zwar in
ihrer Last zurückgenommen werden, hinsichtlich Frequenz und
Spannungshaltung, Blindleistung und Kurzschlussstromerkennung bleibt
aber der Betrieb einer Mindestkapazität erforderlich.

Diese Mindestkapazität wird für Deutschland - Netzlast 40.000 bis
80.000 MW - auf eine Größenordnung von 10.000 bis 20.000 MW
geschätzt.(2,3) Diese Leistung kann aber nicht aus wenigen Anlagen
kommen, die in Volllast laufen und/oder regional konzentriert sind,
sondern es ist erforderlich, viele und im Netz gut/richtig verteilte
Anlagen möglichst im Teillastbetrieb verfügbar zu haben. Dies
bedeutet, dass über das gesamte Bundesgebiet gesehen Braunkohlen-,
Steinkohlen-, Kern- und Gaskraftwerke immer am Netz bleiben müssen.
Damit ist die Aufnahmefähigkeit des Stromsystems für EE-Strom
eingeschränkt auf die Differenz zwischen Netzlast einerseits sowie
Mindesteinspeisung synchro¬nisierter und regelbarer Leistung
andererseits. Synchronisierte Erzeugungseinheiten verstopfen das Netz
also nicht, sie sind eine unabdingbare Voraussetzung für die
Integration von Wind und PV.

Fazit:

Solange keine anderen Technologien verfügbar sind, um die
unverzichtbaren Systemleistungen konventioneller Kraftwerke
umfänglich zu übernehmen, bleibt die Einspeisung einer
synchronisierten Mindestlast auch bei hohem Wind- und PV-Angebot
notwendig. Dies gilt um so mehr, da der Ausbau der Stromnetze hinter
den Erfordernissen zurückbleibt.

Für einen insgesamt erfolgreichen Transformationsprozess ist nicht
entscheidend, wie schnell die erneuerbaren Energien ihre
Stromerzeugung steigern und damit Stromarbeit aus konventioneller
Stromerzeugung verdrängen, sondern wie das Miteinander im Interesse
von Sicherheit und Wirtschaftlichkeit optimal gestaltet wird. Es geht
um ein stabiles Stromsystem und um die dafür aufzuwendenden Kosten.
Dies gilt auch für die Systemdienstleistungen und eine
Mindesterzeugung in Zeiten einer hohen EE-Stromerzeugung. Die
Kohlenkraftwerke sind insgesamt infolge der kontinuierlichen Neubau-
und Modernisierungsprogramme gut auf die neuen Anforderungen der
Lastveränderungen im Netz sowie die Aufrechterhaltung der
Systemstabilität vorbereitet. Die bestehenden Anlagen sind auf viele
Jahrzehnte unverzichtbar, selbst wenn die Auslastung langfristig
sinkt.

Langfristig werden technische Lösungen gesehen, um die
Mindesterzeugung aus konventionellen Kraftwerken zu reduzieren. Dafür
wären "teilweise umfangreiche Anpassungen der
rechtlich-regulatorischen und energiewirtschaftlichen
Rahmenbedingungen" erforderlich, die zudem zu "hohen finanziellen
Aufwendungen" führen würden, so consentec.(3)

(1) Dyllong/Maaßen: Beitrag von Wind- und Photovoltaik-Anlagen zu
einer gesicherten Stromversorgung. In: et, Zukunftsfragen, 64. Jg.
(2014), Heft 11, Seiten 42-45

(2) Prognos: Bedeutung der thermischen Kraftwerke für die
Energiewende. Berlin, 7. November 2012
(3) consentec: Konventionelle Mindesterzeugung - Einordnung,
aktueller Stand und perspektivische Behandlung. Aachen, 25. Januar
2016



Pressekontakt:
Dr. George Milojcic

DEBRIV - BUNDESVERBAND BRAUNKOHLE
Postfach 40 02 52
D - 50832 Köln

T +49 (0)2234 1864-50
F +49 (0)2234 1864-18

mailto: debriv(at)braunkohle.de
Internet: www.braunkohle.de


Themen in dieser Meldung:


Unternehmensinformation / Kurzprofil:



Leseranfragen:



Kontakt / Agentur:



drucken  als PDF  an Freund senden  Ein spannendes Kinderbuch gegen Umweltzerstörung
MCI Absolvent ist Energiemanager 2016
Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 09.06.2016 - 11:41 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 1366868
Anzahl Zeichen: 0

Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner:
Stadt:

Köln


Telefon:

Kategorie:

Energiewirtschaft


Anmerkungen:


Diese HerstellerNews wurde bisher 446 mal aufgerufen.


Die Meldung mit dem Titel:
"Die These "Strom aus Großkraftwerken verstopfe die Stromleitungen" ist nicht haltbar / Bedeutung der synchronisierten Erzeugung für die Versorgungssicherheit
"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von

DEBRIV - Dt. Braunkohlen Industrie Verein (Nachricht senden)

Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).


Alle Meldungen von DEBRIV - Dt. Braunkohlen Industrie Verein