IndustrieTreff - Brexit-Folgen: Britische Automobilindustrie könnte Hälfe der Produktion verlieren

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Brexit-Folgen: Britische Automobilindustrie könnte Hälfe der Produktion verlieren

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(ots) - Im Falle eines harten Brexits droht ein
Einbruch der Produktion um fast 50 Prozent, zeigt eine
Szenarioanalyse von PwC Autofacts / Selbst wenn die EU der
Automobilindustrie einen "Sonderstatus" zugesteht, wäre eine leichte
Rezession kaum zu vermeiden / Schon jetzt werden geplante
Investitionen auf der Insel zurückgestellt

Auch wenn der britische Automarkt dem Brexit bislang trotzt - der
Ausblick beginnt sich zu verdüstern. So kommt die
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC in einer aktuellen
Szenarioanalyse zu dem Ergebnis, dass die Autoproduktion auf der
Insel bis 2022 im schlimmsten Fall unter 1 Million Fahrzeuge sinken
könnte. Das wäre ein Einbruch von rund 50 Prozent verglichen mit dem
voraussichtlichen Rekordjahr 2016. "Falls die britische
Automobilwirtschaft den ungehinderten Zugang zum EU-Binnenmarkt
verlieren sollte, wären die Folgen gravierend. Dann droht ein
Szenario wie in den 1980er- und 90er-Jahren, als die Autoindustrie in
UK schon einmal durch eine tiefe Krise ging", sagt Christoph Stürmer,
PwC Autofacts Global Lead Analyst.

Der Experte beobachtet, dass sich die Automobilindustrie bisher
nicht einheitlich positioniert hat: "Die Brexit-Debatte fokussiert
sich aktuell vor allem auf zwei große Themen - die Freizügigkeit der
Arbeitnehmer und die Finanzbranche. Die Autohersteller müssen
aufpassen, dass ihre Interessen nicht mit diesen extrem komplexen
Themen verquickt werden." Je länger die Verhandlungen dauerten, so
Stürmer, desto größer werde die Unsicherheit. "Das könnte dazu
führen, dass Investitionen immer weiter aufgeschoben oder sogar
komplett gestrichen werden. Wenn die Automobilindustrie dies
verhindern will, sollte sie zumindest ein klares Signal aussenden,
dass die spezifischen Anliegen der Branche pragmatisch gelöst werden
sollten."





Noch stimmt der Absatz - auch wegen des schwachen Pfunds

Dieser Warnruf mag auf den ersten Blick überraschen - denn bis
dato ist in den Absatzzahlen von einem Brexit-Schock wenig zu sehen.
Für dieses Jahr geht PwC Autofacts für Großbritannien von 2,69
Millionen verkauften PkW aus, was ein Plus von noch 2,2 Prozent im
Vergleich zu 2015 bedeuten würde. Und auch für das nächste Jahr
rechnet PwC immerhin noch mit einem Zugewinn von 0,5 Prozent. "Die
Binnennachfrage ist bisher intakt, was unter anderem an den guten
Finanzierungsbedingungen liegt", so Stürmer. Im Export kommt den
Herstellern zudem der durch das Brexit-Votum verursachte Wertverlusts
des Pfunds zugute. Allerdings zeigt diese Entwicklung auch schon ihre
Kehrseite: Die britischen Autobauer beziehen viele Teile von
Zulieferern aus dem Euroraum. Dementsprechend sind die
Beschaffungskosten zuletzt bereits deutlich gestiegen. Analog haben
einige Hersteller begonnen, die Fahrzeugpreise zu erhöhen - was die
Marktdynamik weiter verringern wird.

Warum sich 2019 die Zukunft der britischen Autoindustrie
entscheidet

Die entscheidenden Jahre dürften 2018 und 2019 werden. Denn dann
gehen die Brexit-Verhandlungen in ihre finale Phase - während viele
international tätige Hersteller laufend vor wichtigen
Investitionsentscheidungen stehen. Zwar sind von den
Automobilherstellern bislang keine Ankündigungen zu vernehmen,
britische Standorte wegen des Brexits aufgeben zu wollen. Allerdings
hat die Unsicherheit der vergangenen Monate sehr wohl dazu geführt,
dass einzelne Investitionsvorhaben zurückgestellt wurden. Ein
Automobilhersteller kündigte offen an, auf der Insel künftig nur dann
zu investieren, wenn die möglichen Folgen des Brexits - also etwa
erhobene Zölle - finanziell kompensiert werden.

Was die Lage so unsicher macht, sind die sehr rigiden
Investitionszyklen, denen die Automobilbranche folgt. Normalerweise
richten die großen Hersteller ihre Kapazitäten an der
Produktionsdauer ihrer Fahrzeuge aus, die in der Regel mit sieben
Jahren veranschlagt wird. "Autobauer können große
Investitionsentscheidungen, nachdem diese erst einmal getroffen sind,
jahrelang nicht revidieren. Dies führt wiederum dazu, dass sich das
Management im Zweifel für den Standort entscheidet, der die
geringsten Risiken birgt - selbst wenn damit zunächst Verlagerungen
und höherer Aufwand verbunden sind", erläutert Stürmer. Mit anderen
Worten: "Wenn das Szenario eines harten Brexits auch auf die
Automobilbranche Anwendung finden würde, würden die Hersteller
womöglich gar nicht anders können, als Kapazitäten in die EU zu
verlegen."

Weniger als eine Million Autos - oder mehr als zwei

Dementsprechend klaffen die Szenarien von PwC Autofacts für die
Zukunft der britischen Automobilindustrie ungewöhnlich weit
auseinander. Im besten Falle werden die Hersteller trotz des Brexit
den ungehinderten Zugang zum europäischen Binnenmarkt behalten. Das
hieße, dass die ursprünglich geplanten Investitionen bald freigegeben
werden - und die Produktion nach zwei auch konjunkturbedingt etwas
schwächeren Jahren 2020 wieder richtig anzieht. In diesem Szenario
hält es Stürmer sogar für möglich, dass 2022 in Großbritannien
erstmals überhaupt mehr als zwei Millionen Fahrzeuge vom Band laufen,
da der günstige Wechselkurs, günstigere Arbeitskräfte und
möglicherweise geringere regulatorische Auflagen die
Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessern würden.

Demgegenüber geht das Basis-Szenario davon aus, dass die britische
Wirtschaft ihre Produkte zwar nicht mehr ungehindert in die EU
exportieren darf - aber die Automobilindustrie eine Art Sonderstatus
erhält. In diesem Fall dürfte die Autoindustrie zunächst einmal in
eine leichte Rezession rutschen, bevor sich die Produktion Anfang des
2020er bei etwa 1,7 Millionen Fahrzeugen allmählich stabilisiert.
Heute schon werden knapp 80 Prozent der britischen
Automobilproduktion exportiert, davon wiederum drei Viertel in die
EU-Länder. Andererseits wird ein Großteil der Zulieferteile für die
britische Automobilproduktion aus der EU importiert, so dass
entsprechende Kostensteigerungen empfindlich auf die Hersteller
durchschlagen würden. Ein eventueller Rückgang der Exporte würde in
diesem Szenario durch eine Steigerung des Anteils der in
Großbritannien selbst verkauften Fahrzeuge kompensiert werden - nach
Basisprognose im Jahr 2019 immerhin 2,46 Millionen PKW.

Im "Downside"-Szenario hingegen wird die EU den Briten nur noch
den Meistbegünstigungs-Status nach den Regeln der
Welthandelsorganisation zugestehen. "Unter diesen Umständen würden
die Autohersteller einige britische Standorte wahrscheinlich
aufgeben, um Zöllen und anderen Handelsbarrieren zu entgehen", sagt
Stürmer. Für diesen Fall rechnet PwC Autofacts mit einem
strukturellen Rückgang, der schließlich dazu führen könnte, dass die
Zahl der auf der Insel hergestellten Fahrzeuge 2022 unter die
Eine-Million-Grenze rutscht. Gegenüber dem Rekordjahr 2016 mit
erwarteten 1,9 Millionen produzierten Fahrzeugen würde dies einen
Rückgang um fast 50 Prozent bedeuten und dabei noch unterhalb des
Niveaus des Krisenjahres 2009 liegen. Dieser schnelle Rückgang ist
insbesondere dadurch möglich, dass auf Markenebene für 75 Prozent der
in Großbritannien produzierten Fahrzeuge korrespondierende
Kapazitäten in der EU bzw. Türkei installiert sind. "Die Integration
der britischen Automobilindustrie in die europäischen
Produktionsnetzwerke würde eine Verlagerung der Produktion in die EU
sogar erleichtern", konstatiert Christoph Stürmer. "Umso wichtiger
ist es, dass Automobilhersteller und Zulieferer eine klare und mit
allen Seiten abgestimmte Strategie verfolgen."

Weitere Informationen unter:
www.pwc.de/automotive-brexit

Über PwC:

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aufzubauen und wichtige Probleme zu lösen. 223.468 Mitarbeiter in 157
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