IndustrieTreff - Russland – wirtschaftliche Situation im 1. Quartal 2010

IndustrieTreff

Russland – wirtschaftliche Situation im 1. Quartal 2010

ID: 193027


(industrietreff) - 1. Gazprom als wichtigster russischer Wirtschaftsfaktor in Europa
Der Konzern Gazprom konnte im 1. Quartal 2010 seine Stellung auf dem russischen und europäischen Markt mittels der aktiven Unterstützung durch die Regierung und Putins weiter festigen. Der neue ukrainische Präsident Wiktor Janukowytsch bestätigte die Bereitschaft der Ukraine zur Schaffung eines gemeinsamen Konsortiums zur Verwaltung der Gasleitungssysteme in der Ukraine unter Beteiligung von Gazprom, Naftogas Ukraine und europäischen Energiekonzerne. Die Schaffung eines solchen Konsortiums verfolgte Gazprom schon einige Jahre, zumal als europäische Partner für das Konsortium die deutschen Konzerne E.On und BASF und die italienischen Konzerne Eni und Enel – also strategische Partner von Gazprom - vorgesehen sind.

2. Die Ostsee-Pipeline „Nord-Stream“ erhält Baugenehmigungen der nordeuropäischen Anliegerstaaten
Am 12. Februar 2010 erteilte Finnland offiziell seine Genehmigung für die Verlegung der Pipeline in der Ostsee vor Finnland. Als erster nordeuropäischer Staat stimmte Dänemark der Verlegung der Nord-Stream Pipeline zu. Die russische Regierung hat hierfür der dänischen Regierung zugesichert, dass Russland ein neues „Kyoto-Protokoll“ auf der Internationalen Umweltkonferenz der UNO in Kopenhagen unterzeichnen wird. Im Gegenzug für die russische Unterstützung der dänischen außenpolitischen Initiative genehmigte Dänemark die Verlegung der Nord-Stream Pipeline durch die Ostsee. Für Finnland ging es bei der Erteilung der Genehmigung um wirtschaftliche Interessen. Die russische Regierung verlängerte das Moratorium für die Preisfixierung für russisches Rundholz für den Export nach Finnland bis 2011. Dies ist für die finnische Seite von wichtiger wirtschaftlicher Bedeutung, da eine Erhöhung der Ausfuhrsteuern für russisches Rundholz bis auf 50 Euro pro Kubikmeter der finnischen holzverarbeitenden Industrie faktisch die Rohstoffbasis entziehen würde. Nach Finnland bemühten sich Gazprom und die russische Regierung um die Genehmigung für die Nord-Stream Pipeline durch Schweden. Schweden war der stärkste Gegner der Ostsee-Pipeline. Dank Unterstützung des dänischen Ministerpräsidenten stimmte auch Schweden dem russischen Pipeline-Projekt zu. Allerdings wurden drei schwedische Bedingungen als Voraussetzung für die Genehmigung vereinbart, welche die Realisierung des Projektes in erheblichem Maße erschweren. Erstens darf die Wassertrübung bei den Verlegearbeiten in den Ostseegebieten Hoburgs Bank und Norra Midsjobanken nicht mehr als 15 mg pro Liter Wasser betragen. Zweitens dürfen keine Arbeiten in den Laich-Gebieten des Dorsches von Mai bis Oktober durchgeführt werden. Drittens trägt Nord-Stream die alleinige Verantwortung für Pfundstellen von Kriegsmaterialien und deren Entsorgung. Nach Erhalt der Baugenehmigung Schwedens erteilten Deutschland und Russland die entsprechenden Genehmigungen.





3. Gazprom erweitert seine strategischen Partner in Europa
Am 1. März 2010 unterzeichnete Gazprom mit Unterstützung der russischen Regierung mit dem französischen Konzern GdF Suez eine Vereinbarung über den Bau der Ostsee-Pipeline Nord-Stream. Das Interesse der russischen Seite an einer strategischen Partnerschaft mit GdF Suez ist verständlich, denn GdF Suez verfügt über eine starke Lobby-Struktur in der Europäischen Kommission, die weiterhin Gegner der Nord Stream-Pipeline ist und die Umsetzung des Projektes „Nabucco“ vorantreibt. Damit sieht die Aktionärsstruktur der Nord Stream AG gegenwärtig wie folgt aus:

All diese Aktivitäten der Gazprom und der russischen Regierung ermöglichen nunmehr eine schnellere Umsetzung des Nord-Stream-Projektes, so dass trotz bisheriger Verzögerungen bei der Erteilung der Baugenehmigungen durch die Ostsee-Anliegerstaaten noch Ende 2010 der erste Pipeline-Strang verlegt sein wird und das erste Erdgas im Frühjahr 2011 durch die Pipeline fließen kann.

4. Russland plant die Schaffung eines modernen Wissenschafts- und Technologie-Standorts bei Moskau nach dem Vorbild von Silicon Valley in den USA
Russland will einen modernen Wissenschaftskomplex vor den Toren Moskaus errichten, eine Stadt der Innovationen. In Skolkowo (Rajon Odinzowo, Moskauer Gebiet) südwestlich der Hauptstadt sollen künftig neue Technologien erforscht und bis zur Marktreife entwickelt werden. Geplant ist ein russisches Äquivalent zum US-amerikanischen Silicon Valley. Das Projekt ist Teil der Modernisierungsoffensive von Präsident Medwedew.

Der neue Forschungs- und Entwicklungskomplex wird vorrangig auf fünf Prioritätsgebieten zur Modernisierung der russischen Wirtschaft arbeiten - Energie, Informationstechnologie, Telekommunikation, Biomedizin, Kerntechnik. Medwedew schwebt ein Zentrum für Innovationen vor, das gleichzeitig Prototyp für die Stadt der Zukunft und Testlabor für die neue Wirtschaftspolitik des Präsidenten sein soll. Vor Ort sollen Filialen und Laboratorien der führenden russischen Universitäten und Technologie-Unternehmen sowie ausländischer Unternehmen angesiedelt werden. Medwedew verlieh bei der Ankündigung des Projekts seiner Hoffnung Ausdruck, dass in wenigen Jahren die besten Wissenschaftler und Ingenieure Russlands in diesem Zentrum arbeiten werden.

Die zu errichtende "Stadt der Innovationen" wird Gebäude für Forschung, Entwicklung und Weiterentwicklung der Produkte bis zur Marktreife, Laboratorien, Business Inkubatoren, ein Geschäftszentrum, Wohnungen, Dienstleistungsunternehmen und Erholungseinrichtungen umfassen. Die Infrastruktur soll alles bieten, was Menschen als Umfeld brauchen, um innovative wissenschaftliche Ideen zu entwickeln und sie in eine Geschäftsidee zu verwandeln. Zukünftig sollen 30.000 bis 40.000 Beschäftigte in Skolkowo arbeiten.

Die Ausarbeitung der Projektierung für das Zentrum wird zirka ein Jahr in Anspruch nehmen. Mit dem Bau soll in der 2. Hälfte 2011 begonnen werden. Als Bauzeit sind fünf bis sieben Jahre veranschlagt. Vorsitzender der Arbeitsgruppe zur Errichtung des Zentrums für Forschung und Entwicklung ist Wladislaw Surkow, erster Stellvertreter des Leiters der Präsidialverwaltung. Sein Team bereitet derzeit die Gründung einer Verwaltungsgesellschaft (Rechtsform: nichtkommerzielle Partnerschaft) vor, die für das Projekt den Business-Plan aufstellen und die Finanzierung organisieren wird. Das Management der Gesellschaft soll in
naher Zukunft ernannt werden.

Am 23. März 2010 berief Präsident Medwedew bereits den Unternehmer Wiktor Wekselberg (Präsident der Renova Gruppe) zum Leiter. Medwedew erläuterte seine Entscheidung mit den Worten: "Am Projekt sollte nicht nur die Regierung interessiert sein, sondern in erster Linie - Russlands Wirtschaft." Die Finanzierung des Zentrums erfolgt aus dem föderalen Budget, unter anderem der Bau der Infrastruktur (Straßen, Telekommunikation, Internetanschluss, Elektrizität, Wasser, Abwasser), die Projektierungsdokumentation für die nicht-kommerziellen Gebäude und Einrichtungen sowie ein Teil der wissenschaftlichen Infrastruktur. Für alle anderen Objekte, wovon die meisten zum kommerziellen Teil des Projekts gehören, und die sozialen Einrichtungen wird eine Co-Finanzierung mit privaten und regionalen Trägern angestrebt. Für das Zentrum soll auch ein besonderer Rechtsrahmen geschaffen werden, sagte Medwedew. Details gab er nicht bekannt. Es könnte sich um Steuervergünstigungen für Investoren und vereinfachte Regeln für die Beschäftigung ausländischer Spezialisten handeln.

5. Russische Wirtschaftszahlen im ersten Quartal 2010 – eine Ernüchterung
Nach der positiven BIP-Überraschung im letzten Quartal 2009 bringen die russischen Wirtschaftszahlen im ersten Quartal 2010 doch etwas Ernüchterung. Die Industrieproduktion konnte zwar dank günstiger Basiseffekte im Vorjahresvergleich um 7,8 Prozent ansteigen. Der Einbruch im Vergleich zum Vormonat (- 20,4 Prozent) ist aber stärker ausgefallen, als für den Januar typisch, so dass sich auch saisonbereinigt ein Rückgang ergibt.

Und obwohl die aktuellen Werte für die Industrieproduktion wegen der Umstellungen der Berechnungsmethode nur mit Vorsicht zu interpretieren sind, sendet der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe im Februar und März 2010 eine ähnliche Botschaft. Er hat sich mit 50,2 Punkten den zweiten Monat in Folge im Expansionsbereich halten können, aber einen leichten Rückgang wegen schwächerer Auftragslage verzeichnet.

Der Winter, der in diesem Jahr auch in Russland ungewöhnlich kalt war, hat die Investitionen und den Arbeitsmarkt belastet, was zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 9,2 Prozent geführt habe. Trotz voranschreitender Erholung der Einzelhandelsumsätze und der Reallöhne zeichnet sich in Russland im 1. Quartal 2010 kein starker Aufschwung ab, die Konjunkturerholung wird auch weiterhin in erster Linie durch Staatsausgaben und den Lagerzyklus getragen.

Die Bonität Russlands wird insbesondere von der niedrigen öffentlichen Verschuldung (ca. 14 Prozent des BIP) und der soliden Lage der Staatsfinanzen gestützt. Im laufenden Jahr plant der russische Staat zur Finanzierung eines Teils des Budgetdefizits eine Rückkehr auf den internationalen Kapitalmarkt. Dank der geringen staatlichen Auslandsverschuldung und des günstigen Rohstoffpreisumfeldes dürften die neuen Anleihen bei den Anlegern auf Interesse stoßen.

Die jüngste Krise hat aber auch die Schwachstellen der russischen Wirtschaft noch einmal deutlich gemacht: der geringe Diversifizierungsgrad der Wirtschaft und die hohe Rohstoffabhängigkeit sowie das schwache und fragmentierte Bankensystem. Darüber hinaus ist im Unterschied zum russischen Staat der Privatsektor stark im Ausland verschuldet, was die Anfälligkeit der Realwirtschaft gegenüber einer austrocknenden Liquidität auf den globalen Finanzmärkten erhöht.


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Reussen Consulting versteht sich als Dienstleister und Berater bei der Durchführung von internationalen Projekten, mit Schwerpunkt Automobil-Branche in der Russischen Föderation. Von der fundierten Analyse über die qualifizierte Beratung bis hin zum kompetenten Projektmanagement steht das Beratungsunternehmen seinen Kunden von Anfang an zur Seite. Reussen Consulting kann auf über 16 Jahre Erfahrung bei der Projektentwicklung und -umsetzung in der Russischen Föderation verweisen. Das Consulting-Unternehmen hat sich auf die Beratung im Rahmen des Managements von Projekten deutscher Firmen in Russland spezialisiert. Dazu zählen unter anderem die Projektentwicklung und -umsetzung, die Organisation des Verkaufs von realisierten Projekten und die Abwicklung von Export-Geschäften in die Russische Föderation. Zu den Kunden gehören unter anderem SAO „Daimler Chrylser Russia“ Porsche AG, Ludwig Schokolade GmbH Co & KG , OOO „Mauxion Food“ und die Delegation der Europäische Union in der Russischen Föderation.



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Datum: 26.04.2010 - 09:41 Uhr
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