IndustrieTreff - DUH und BUND klagen gegen Bebauungsplan für Europas größtes Steinkohlekraftwerk in Brunsbüttel

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DUH und BUND klagen gegen Bebauungsplan für Europas größtes Steinkohlekraftwerk in Brunsbüttel



Gemeinsame Pressemitteilung

ID: 340353

(ots) - Deutsche Umwelthilfe, BUND
Schleswig-Holstein und Anwohner reichen Klageantrag gegen
Bebauungsplan für Steinkohle-Doppelblock an der Elbe ein - Plan
verstößt gegen europäische und nationale Umwelt- und
Gesundheitsschutzvorgaben - Realisierung des Kohlekraftwerks energie-
und klimapolitisch unverantwortlich und baurechtlich höchst
zweifelhaft - Nach Niederlage vor Gericht drohen
Schadensersatzansprüche der Kraftwerksbauer gegen Stadt Brunsbüttel
und schleswig-holsteinische Genehmigungsbehörden

Die Deutsche Umwelthilfe e.V (DUH) und der Landesverband
Schleswig-Holstein des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) sowie ein Anwohner aus Brunsbüttel haben heute beim
Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein den Antrag auf
Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan Nr. 56 "Kohlekraftwerk an der
Holstengrenze, zwischen SAVA und Kernkraftwerk" der Stadt Brunsbüttel
eingereicht. Der Bebauungsplan soll die Grundlage für die Ansiedlung
des geplanten Steinkohle-Doppelblockkraftwerks von SüdWestStrom auf
dem Gelände nördlich des Elbehafens sein. Mit dem von dem Berliner
Rechtsanwalt Peter Kremer formulierten Normenkontrollantrag wird die
planungsrechtliche Grundlage für das 1.820 MW-Kraftwerk angegriffen.
Kremer vertritt die Umweltverbände schon in dem seit Mai 2010
laufenden Normenkontrollverfahren gegen das benachbarte
Kraftwerksprojekt von GDF SUEZ.

Der aktuelle Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan für das
von einer Tochter der kommunalen Beteiligungsgesellschaft
SüdWestStrom (SWS) geplante Kraftwerk stützt sich auf ein ganzes
Bündel von Fehlern und Mängeln in dem von der Stadt Brunsbüttel kurz
vor Weihnachten beschlossenen Bebauungsplan.

"Die Stadt Brunsbüttel und die Genehmigungsbehörden in
Schleswig-Holstein laufen sehenden Auges in ein Datteln II", sagte




der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH),
Rainer Baake, unter Hinweis auf das 2009 gerichtlich gestoppte
Kohlegroßkraftwerk in Nordrhein-Westfalen. "Wer heute noch
Kohlegroßkraftwerke plant, die Atmosphäre und Umwelt nach ihrer
Inbetriebnahme über ein halbes Jahrhundert mit Millionen Tonnen
Kohlendioxid und anderen Schadstoffen belasten, muss wissen, dass er
überall auf erbitterten Widerstand von Anwohnern und Klimaschützern
stoßen wird".

Der Landesgeschäftsführer des BUND Schleswig-Holstein, Hans-Jörg
Lüth, erinnerte daran, dass sich der französische Energiekonzern GDF
SUEZ kurz vor Weihnachten 2010 von eigenen Plänen für ein
Kohlekraftwerk neben dem SWS-Standort wegen exakt der gleichen
rechtlichen Unsicherheiten zurückgezogen habe, die nun auch das
SWS-Kraftwerk bedrohten. Bisher wolle die SWS-Betreibergesellschaft -
je zur Hälfte eine Tochter des Schweizer Energieversorgers Repower AG
und deutscher Stadtwerke - ein deutlich höheres Risiko eingehen.
Insgesamt sei das Kraftwerksprojekt aus Naturschutzgründen, aber auch
energie- und klimapolitisch unverantwortlich, erklärte Lüth: "Mehr
als die Hälfte der eingesetzten Energie geht ungenutzt in die Elbe
und belastet dort das Ökosystem. Stattdessen könnten zehntausende
Haushalte in der Region mit der anfallenden Wärme versorgt werden".
Wer heute noch Kohlekraftwerke baue, behindere und verzögere über
Jahrzehnte die letztlich unausweichliche Energiewende hin zu einer
100%igen Versorgung mit Erneuerbaren Energien.

Die Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz
Unterelbe/Brunsbüttel, die sich seit Jahren vor Ort gegen die
Kraftwerksplanung engagiert, begrüßte den Klageantrag ausdrücklich.
"Der von der SWS zur Schau gestellte Optimismus ist für die
Bürgerinitiative nicht nachvollziehbar. Schon vor der
Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke gab es massive Zweifel an der
wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Monsterkraftwerks. Inzwischen
laufen dem Stadtwerkekonsortium reihenweise die Gesellschafter davon.
Die verbliebenen Stadtwerke sollten froh sein, wenn die
Kraftwerksgegner sie vor einem finanziellen Desaster bewahren,"
erklärte BI-Sprecher Stephan Klose.

Im Einzelnen stützt sich der am heutigen Mittwoch eingereichte
Normenkontrollantrag auf folgende Sachverhalte:

-Nach Überzeugung der Kläger würden mit der Inbetriebnahme
des Großkraftwerks die zulässigen Feinstaub-Grenzwerte
überschritten. Bei Feinstaub handelt es sich nach Auffassung
von Gesundheitsforschern um das derzeit schwerwiegendste
Luftreinhalteproblem in Deutschland. Die
Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass
hierzulande insgesamt jährlich 75.000 Menschen vorzeitig
an der Feinstaubbelastung sterben. Betroffen sind
insbesondere Kinder und ältere Menschen.

-Die Stadt Brunsbüttel hat es versäumt, Konsequenzen aus
dem "Datteln-Urteil" zu ziehen. In der Entscheidung des OVG
Münster vom September 2009 zu dem E.ON-Kraftwerk, mit dem
der entsprechende Bebauungsplan in Nordrhein-Westfalen
aufgehoben wurde, wird unter anderem auf das unzulässige
Nebeneinander des Kraftwerksneubaus und naher Wohnbebauung
abgestellt. Nach Ansicht der Kläger wird auch in Brunsbüttel
der Mindestabstand von 1.500 Metern nicht eingehalten.

-Vor allem aber werden bei dem SWS-Kraftwerksprojekt in
Brunsbüttel europarechtlich geschützte Tier- und
Pflanzenarten in Schutzgebieten unzulässig beeinträchtigt.
Der Betrieb des Kraftwerks bedrohe seltene und vom
Aussterben bedrohte Fischarten, aber auch Speisefische wie
Aal und Stint, die die Existenz der verbliebenen
Elbfischer sichern.

Naturschutzrechtlich besonders relevant sind nach Überzeugung der
Kläger die Auswirkungen auf eine seltene Fischart, den Schnäpel
(Coregonus oxyrhynchus). DUH und BUND haben gemeinsam mit den
Elbfischern nachgewiesen, dass sich dieser Fisch in der Elbe wieder
angesiedelt hat, nachdem er lange Zeit in Deutschland als
ausgestorben galt. Die Landesbehörden haben mittlerweile
eingestanden, dass sie das Gegenteil nicht beweisen können. Der
Schnäpel ist in die höchste europarechtliche Schutzkategorie
(prioritäre Art nach der FFH-Richtlinie) eingestuft. Schon eine
mögliche Beeinträchtigung des Schnäpels steht demnach der
Genehmigungsfähigkeit des Kraftwerks und damit auch des
Bebauungsplans entgegen. Darüber hinaus habe die Stadt Brunsbüttel
versäumt, die EU-Kommission vorab zu beteiligen. Dies wäre schon
wegen der gefährdeten Fischart rechtlich zwingend gewesen.

Zudem gibt eine aktuelle EU-Richtlinie für Fische, Muscheln und
andere Tiere Quecksilber-Grenzwerte vor, die in der Elbe schon heute
um ein Vielfaches überschritten werden. Die Verbände haben mit einem
ausführlichen Rechtsgutachten nachgewiesen, dass diese Grenzwerte
einzuhalten sind und jedenfalls kein zusätzliches Quecksilber in die
Elbe eingetragen werden darf. Jeglicher zusätzliche
Schwermetalleintrag in die Elbe verstoße deshalb gegen europäisches
Recht.

Außerdem gehen die Kläger davon aus, dass die mit dem
Kraftwerksbetrieb unvermeidlichen erhöhten Stickstoffbelastungen in
benachbarten FFH-Gebieten empfindliche Pflanzen zerstören würden.
Auch diese Pflanzengesellschaften stehen unter dem Schutz des
EU-Naturschutzrechts, ebenso wie seltene Zugvögel und Fledermäuse,
die mit dem Bau des Kraftwerks massiv beeinträchtigt würden. Die
zahlreichen in dem Normenkontrollantrag formulierten
Beeinträchtigungen von Flora und Fauna machten den Kraftwerksbau von
vornherein rechtlich unzulässig.

DUH und BUND rechnen mit einer Verfahrensdauer von etwa einem
Jahr. Sollte das Oberverwaltungsgericht in Schleswig der
Argumentation der Kläger folgen, würde die planungsrechtliche
Grundlage für das beantragte Kohlekraftwerk entfallen. Falls für das
Kohlekraftwerk dennoch vor der Entscheidung über den
Normenkontrollantrag erste Genehmigungen erteilt würden, müssten
diese nachträglich aufgehoben werden. Deshalb gingen die Stadt
Brunsbüttel und die zuständigen Genehmigungsbehörden in
Schleswig-Holstein ein erhebliches Haftungsrisiko ein, wenn auf der
Grundlage letztlich rechtswidriger Beschlüsse und Genehmigungen mit
dem Kraftwerksbau begonnen werde. Bereits im Vorfeld des Beschlusses
über den Bebauungsplan hatten die Kraftwerksgegner die Stadt in einem
Rechtsgutachten auf dieses Risiko hingewiesen. Sie hielt bisher
trotzdem an der Planung fest.



Pressekontakt:
Jürgen Quentin, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 0151 14563676, Tel.: 030 2400867-95,
E-Mail: quentin(at)duh.de

Hans-Jörg Lüth, Geschäftsführer BUND Landesverband Schleswig-Holstein
e.V., Lerchenstraße 22, 24103 Kiel, Tel.: 0431 66060-20,
E-Mail: hans-joerg.lueth(at)bund-sh.de

Peter Kremer, Rechtsanwalt, Heinrich-Roller-Straße 19, 10405 Berlin,
Tel.: 030 28876783, E-Mail: rechtsanwalt(at)peter-kremer.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse,
Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin,
Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-0, E-Mail: rosenkranz(at)duh.de


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Datum: 02.02.2011 - 10:30 Uhr
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