IndustrieTreff - Rohstoffmärkte unter Dampf

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Rohstoffmärkte unter Dampf

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Rohstoffmärkte unter Dampf


(industrietreff) - Noch vor gut zwölf Monaten war die Welt in Ordnung. Selbst die seinerzeit hohen Ölpreise wurden geordnet in den Kalkulationen untergebracht und führten zu maßvollen Steigerungen bei Fertigprodukten, mit denen sogar der Endverbraucher leben konnte.

Nun aber spielen die Rohstoffmärkte verrückt. Rohölpreise von bis zu 160 US-Dollar/Barrel lassen ganze Industriezweige erzittern - obwohl sich aktuell gerade die Lage wieder etwas entspannt. Die Autofahrer tragen dem hohen Benzinpreis Rechnung und tanken nur noch in kleinen Mengen. Eine volle Tankfüllung sprengt das Haushaltsbudget, zumal auch gleichzeitig die Stromrechnung den Einzelnen aufstöhnen lässt. Es ist eben nicht nur das Öl alleine. Im gleichen Atemzug erhöhten sich auch die Kohle- und Gaspreise auf ein noch nie dagewesenes Niveau. Keiner weiß wo die Reise hingeht. Teuerungsraten von teilweise über 100% in zwölf Monaten sind die Realität. Ein Gefühl der Ohnmacht macht sich breit. Viele Unternehmen fragen sich, wie sie mit den gestiegenen Einstandspreisen umgehen sollen. Eine Weitergabe an die Endkunden ist nicht immer zu realisieren und wenn doch, wird sie dazu führen, dass die Renditevorstellungen der Tankstellenbesitzer oder Stadtwerke zurückgenommen werden müssen. Darüber hinaus fehlt aber auch ein professionelles Risikomanagement in den meisten Unternehmen, was bedenklich stimmt. Wie stellen sich die Akteure der Energie- und der Chemiebranche dieser neuen Situation?

Des einen Freud, des anderen Leid?

So einfach dürfte sich die Wahrnehmung der Preisentwicklung der wichtigsten Energieträger in den letzten Monaten nicht zusammenfassen lassen. Natürlich ist man geneigt, den Blick kritisch auf die großen Energieversorger und die internationalen Öl-Multis zu richten. Doch zeigen auch die jüngsten Stellungnahmen der OPEC, dass man momentan scheinbar nur bedingt Herr der Lage ist.

Angeblich sind es die viel zitierten Börsenspekulanten - denen gerne der schwarze Peter zugeschoben wird - die dafür sorgen, dass der Preis auf hohem Niveau gehandelt wird. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn wir sind weiterhin in einem von niedrigem Angebot und hoher Nachfrage bestimmten Markt. Schwellenländer wie Indien und China mit ihrem wachsendem Energiehunger - vorrangig noch nach fossilen Brennstoffen - werden noch viele Jahre lang die mehr oder weniger ernsthaften Bemühungen vieler Industrienationen, ihren eigenen Energiebedarf zu reduzieren bzw. verstärkt auf Regenerative Energien umzusteigen, überkompensieren. Aber auch Länder wie Russland werden im Zuge des wirtschaftlichen Auf- und Ausbaus einen höheren Eigenbedarf haben, der entsprechende Exporte von fossilen Energieträgern reduzieren wird.





Die öffentliche Kritik am Preisverhalten der Energiekonzerne ist dann zu verstehen, wenn Preisrunden, die ja derzeit in regelmäßigen Abständen angekündigt werden, nicht mehr transparent sind. Angesichts steigender Milliardengewinne sind Preisanhebungen um 25%, wie zuletzt im Gasbereich geplant, nur schwer vermittelbar. Der Hinweis auf gestiegene Bezugskosten und -risiken stößt da schnell auf taube Ohren. Ein nicht zu unterschätzender Imageschaden für einige Großanbieter. Dies rächt sich derzeit mit einer von Tag zu Tag steigenden Wechselbereitschaft der Verbraucher, sei es beim Strom oder an der Tankstelle. Man rechnet mit jedem Cent, zumal sich Löhne und Gehälter bei weitem nicht im gleichen Umfang verändern.

Wir werden trotz aller Anstrengungen nicht so schnell von den fossilen Brennstoffen loskommen. Genauso wenig wird es kurzfristig eine nennenswerte Reduktion des Pro-Kopf-Energiebedarfs geben, zumindest nicht auf globaler Ebene.

Die jüngste Shell-Studie geht von einer Verdopplung der weltweiten Energienachfrage bis 2050 aus. Mit Blick auf die Themen Versorgungssicherheit und -unabhängigkeit sind es weiterhin die internationalen Majors, die ihre komfortable Marktsituation behaupten werden. Während Unternehmen wie RWE, Wingas, E.ON-Ruhrgas und Gazprom bemüht sind, Ihre Position durch den Ausbau der internationalen Upstream-Aktivitäten zu verbessern, findet die Kohle derzeit relativ wenig Beachtung. Und das, obwohl sie ihren Platz an der Spitze der primären Energieträger noch lange behaupten wird. Hier reden wir übrigens nicht nur über die viel zitierten Länder China und Indien. Auch in den USA und Europa wird der Einsatz von Kohle zur Energieerzeugung weiter steigen. Nicht verwunderlich, dass bei Preisen von über 175 US-Dollar pro Tonne Steinkohle und über 370 US-Dollar pro Tonne Kokskohle hierzulande die kritischen Stimmen zum Ausstieg aus dem Bergbau wieder laut werden. Eine ähnliche, aber nicht vergleichbare Diskussion haben wir auch beim Thema Atomenergie. In beiden Bereichen bleibt abzuwarten - egal welche Partei an der Regierung ist - ob das letzte Wort wirklich schon gesprochen ist.

Sicherheit geht vor

Die rege Diskussion über die Höhe der aktuellen Rohstoffpreise ist aber nur eine Seite der Medaille. Gerade die produzierenden Unternehmen stellen sich derzeit die entscheidende Frage, wie bei solch volatilen Märkten eine mittel- oder gar langfristige unternehmerische Planung überhaupt möglich sein kann. Versorgungssicherheit ist ein Schlagwort, das ebenso häufig Teil der allgemeinen Diskussion ist wie der jüngste Preisanstieg. Bedenkt man den wachsenden Energiebedarf und die gleichzeitige Endlichkeit der Ressourcen, kommt schnell die Frage auf, wann die großen Exportländer wie Russland, Australien oder China ihren Output nur noch für die Inlandsversorgung nutzen. Kein illusorisches Hirngespinst, sondern durchaus realistisches Szenario.

Umso alarmierender ist es, wenn Untersuchungen wie eine Studie von KPMG aus dem Jahr 2007 zeigen, dass nur die Hälfte der Unternehmen hierzulande ihre Rohstoffrisiken professionell absichert.

Eine erschreckende Quote, wenn man bedenkt, welchen großen Einfluss die Rohstoffpreise auf die Kostenstruktur vieler Branchenzweige hat - von Versorgungsengpässen mit teils dramatischen Folgen ganz zu schweigen. Ein professionelles Risikomanagement muss her und das auch bei den KMUs. Termingeschäfte, Hedging, Swaps und Co. sind probate Sicherungsinstrumente, sofern das Know-how vorhanden ist, sie richtig einzusetzen. Hier gibt es immensen Beratungsbedarf, vor allem im Mittelstand.

Die Entwicklung der Rohstoffmärkte erwischt viele Branchen auf dem fal¬schen Fuß. So ist auch zum Beispiel der Aufwärtstrend der - ansonsten sehr robusten - chemischen Industrie durch die steigenden Rohstoffpreise gefährdet. Hatte sich die Branche doch vorgenommen, auch auf der Beschäftigungsseite dieses Jahr wieder zuzulegen und mehr Personal einzustellen, könnte dieses Vorhaben ins Wanken geraten.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass viele Unternehmen derzeit Führungskräfte und Spezialisten suchen, die in der Lage sind, die Risiken am Rohstoffmarkt abzusichern. Riskmanager, Portfoliomanager, Analysten und Trader sind gefragter denn je. Dies gilt aber nicht nur für die Energie- und Chemiebranche, sondern auch für Unternehmen, die sich in anderen Commodities tummeln. Ein Angebot übertrifft das andere. Aus Personalberatersicht fragt man sich, wie schnell sich diese Märkte noch drehen werden. Hier bleibt bildlich gesprochen momentan kaum ein Stein auf dem anderen. Ganze Organisationen lösen sich auf und formieren sich neu. Dabei findet das Rosinenpicken schon lange nicht mehr auf der Unternehmensseite, sondern bei den Bewerbern statt. Oftmals haben Kandidaten gleichzeitig mehrere hoch interessante Angebote vorliegen, zwischen denen sie wählen können.

Fazit

Die momentan sehr volatilen Rohstoffmärkte beunruhigen viele Unternehmen der Chemie- und Energiewirtschaft. Neben dem rasanten Preisanstieg vieler Primärrohstoffe ist es aber auch die Angst um die Versorgungssicherheit, die die Unternehmenslenker schlecht schlafen lässt.

Vielleicht war es ein (politischer) Fehler der Unternehmen des Kohlebergbaus sich von eigenen Kohleressourcen im Ausland zu trennen. Selbst wenn seinerzeit der hohe Verkaufspreis gereizt und die eine oder andere Lücke im Ergebnis gefüllt hat. Im Umkehrschluss ist derzeit so mancher Energieversorger wieder unterwegs, um sich ausländische Vorkommen, sei es im Kohle-, Öl- oder Gasbereich, für meist teueres Geld zu sichern. Viel Zeit bleibt den Unternehmen sicherlich nicht, denn auch andere internationalen Marktteilnehmer stehen vor den gleichen Problemen.

Aber auch die deutsche Politik ist gefragt, wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein möglichst hohes Maß an Planungssicherheit gewährleisten. Der Kohleausstieg muss vor diesem Hintergrund noch einmal neu auf die Tagesordnung. Kohle dürfte derzeit der einzige Rohstoff sein, der noch für viele Jahre in Deutschland zur Verfügung steht. Einmal geschlossene bzw. abgetäufte Zechen lassen sich nur schwerlich und mit hohem Aufwand reaktivieren. Die eigenen Erdgas- und Ölvorkommen sind zu vernachlässigen. Laut aktuellen Untersuchungen werden diese Quellen innerhalb der nächsten zehn bis fünfzehn Jahren versiegen oder unrentabel werden. Gleichzeitig muss gerade vor dem Hintergrund des steigenden Energiebedarfs verstärkt über Alternativen im regenerativen Sektor nachgedacht werden, wobei die staatlichen Subventionen in einem vernünftigen Verhältnis zur Effizienz der jeweiligen Energieart stehen müssen.

Ein ausgewogener Energiemix aus Kohle, Öl, Gas, Kernenergie und Regenerativen dürfte die Lösung in Zukunft sein. Hier darf sich die Politik nicht von den Interessen einzelner Gruppen beeinflussen lassen. Zeitgleich sollten Industrie und Verbraucher durch Innovationen und Reduktion des Energieverbrauchs dazu beitragen, dass die Situation in der Zukunft nicht eskaliert. Hier gibt es noch viel Einsparpotential - sowohl beim Autofahren als auch beim Stromverbrauch.

Sascha Krey, Senior Berater der Barfeld & Partner GmbH


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Die Barfeld & Partner GmbH konzentriert ihre nationale sowie internationale Beratungs-tätigkeit auf die gezielte Suche nach Führungskräften sowie Integrationscoaching und Management-Audit. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Vermittlung von Firmen bzw. Beteiligungen an Unternehmen im In- und Ausland. Die Sozietät steht den Unternehmen der Energie- und Chemiewirtschaft seit über 25 Jahren als Branchenspezialist zur Verfügung.



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Datum: 08.08.2008 - 14:29 Uhr
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