IndustrieTreff - Spezialist versus Generalist

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Spezialist versus Generalist

ID: 66965

Spezialist versus Generalist


(industrietreff) - Spezialist versus Generalist

Seit Jahren scheiden sich die Geister, welche Wirtschaftsführer die richtigen sind, um den Herausforderungen der Globalisierung gewachsen zu sein. Bei der Beurteilung der heutigen Wirtschaftselite gehen die Meinungen sehr auseinander.

Jeder behauptet, sich sowohl in seiner Materie auszukennen als auch generalistische Entscheidungen treffen zu können. Die Ergebnisse im Bankensektor haben wir gerade auf dem Tisch liegen. Aus dem Experten mit bankspezifischer Ausbildung wurde der Bankgeneralist, der von Allem etwas, aber nichts richtig wusste. Die zu vermarktenden Produkte wurden zwar von Spezialisten entworfen, doch kannte keiner der Kundenberater die Risiken, die damit verbunden waren. Ähnliches gilt im Übrigen auch für das Derivategeschäft im Banken-, Energie- und Rohstoffhandel, in dem auch sehr hohe Summen bewegt werden.

Vorbei ist die Zeit, wo an den Schaltstellen der Unternehmen noch Manager à la Sohl (ehemaliger Thyssen-Chef) saßen, die sich mit den Zielen der Firma identifizierten und im Detail ihre Produkte, Mitarbeiter und Absatzmärkte kannten. Nicht, dass es sie bis heute nicht mehr gibt, aber doch mit abnehmender Tendenz. Job Rotation heißt das Zauberwort oder ganz einfach „Neue Besen kehren gut“.

Sicher sind die Märkte heute globaler, der internationale Umsatzanteil höher und die Refinanzierungszyklen für Investitionen wesentlich kürzer geworden. Aber die Menschen, ihre Erwartungen und ihr Verhalten haben sich nicht in der gleichen Geschwindigkeit verändert, wie es sich viele Manager gedacht oder erhofft haben. Die Wirtschaft muss zwar global denken, aber national handeln. Die Beherrschung dieses Spagats ist nur wenigen vergönnt.

Wie sieht es nun konkret in der Energiewirtschaft aus? Wer sitzt hier auf den Top-Etagen? Eher die Spezialisten oder die Generalisten? Je nach Geschäftszweig, nach Größenordnung und Eigentümerverhältnissen sieht es hier sehr unterschiedlich aus. Selbst die großen deutschen Energieversorger stehen derzeit noch am Anfang der Globalisierung. Der Marktführer ist dabei den Anderen um einiges voraus, was auch mit den internationalen Erfahrungen der Top-Manager in Zusammenhang steht. Diese haben zum Teil in internationalen Konzernen gearbeitet und das Handwerk von der Pike auf gelernt - frei nach dem Motto „Erst Spezialist, dann Generalist“. Auch die übrigen großen Energieversorger verfügen zumindest über ein Management, das in der Energie groß geworden ist. Dort wo es nicht der Fall ist, gibt es offensichtlich Integrations- und Akzeptanzprobleme - sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis.





Im Stadtwerksbereich sieht es dagegen schon anders aus. Hier wurden in der Vergangenheit vielfach Top-Positionen bewusst mit alt gedienten Politikern besetzt. Da wo heute in deregulierten Märkten fachlich versierte Manager sitzen müssten, finden wir in einigen Fällen noch „reine“ Generalisten, die weit weg vom täglichen Geschehen sind. Diese Manager hatten sicherlich vor der Liberalisierung ihre besten Zeiten, werden aber in der Regel ohne das entsprechende Fachwissen den heute hart umkämpften Energiemärkten nicht gerecht. Hier muss und wird sich noch einiges ändern, obwohl oder gerade weil die Stadtwerke als renditeträchtige Unternehmen für die Gemeinden und Städte eine übergeordnete Bedeutung haben sollen.

Die Ölkonzerne sind auf den Managementebenen fast durchweg mit Experten besetzt, die ihre Herkunft als „Öli`s“ nicht verleugnen können. Hier gilt wieder das Motto „Erst Spezialist, dann Generalist“. Bei den Regenerativen zeigt sich dagegen ein anderes Bild. Da die Branche noch verhältnismäßig jung ist, gibt es zwangsläufig noch nicht genug Spezialisten. Dies erkennt man auch an den Stellenanzeigen in der einschlägigen Presse. Die Unternehmen suchen offenbar Fach- und Führungskräfte, die flexibel einsetzbar sind und über Fachgrenzen hinaus blicken. Sie suchen also mehr den Generalisten, als den Spezialisten. Im Energie-Mittelstand kann man mehr von Spezialisten als von Generalisten sprechen, wobei die Anforderungen an die Führungskräfte, was das breite Wissen um die verschiedenen Facetten des Geschäftes anbelangt, tendenziell höher ist als im Konzern. Insofern entwickelt sich hier zwangsläufig der Generalist, der aber in der Regel auf ein breites Basiswissen zurückgreifen kann.

Alles in allem greift die Energiebranche auf ein großes Potential erfahrener Spezialisten zurück, wobei sich das Top-Management zumindest in der Energieversorgung, der Mineralölbranche und im Mittelstand aus dem Spezialistendasein zu Generalisten entwickelt hat. Eine insgesamt gesehen gesunde Entwicklung - auch für die deutsche Volkswirtschaft.

In der deutschen Chemie sieht es vergleichbar aus. Top-Manager wie Hambrecht, Wenning oder auch früher Dormann kommen bzw. kamen aus dem eigenen Stall. Sie haben ihr Handwerk von der Pike auf gelernt. Dies gilt in den meisten Fällen auch für die Kollegen der anderen großen Chemiekonzerne. „Erst Spezialist, dann später Generalist“. Eine gesunde Entwicklung wie man heute sieht. Ähnlich sieht es in der Petrochemie aus, in der oftmals lang gediente Manager in den Führungsetagen sitzen. Manchmal kommt einem Außenstehenden dieses Management schon etwas „verstaubt“ vor. Aber gerade vor dem Hintergrund der jetzigen Wirtschaftskrise hat das Pflegen einer Kultur, in der Führungspositionen weitgehend durch eigene, lange im Unternehmen tätige Mitarbeiter besetzt werden, seine Vorteile. Sie kennen die Stärken und Schwächen der Firma und wissen am ehesten, wo und wann der Hebel umgelegt werden muss. Trotzdem täte manchem dieser Unternehmen ein bisschen frisches Blut ganz gut.

Bedingt durch das auch bei ihr vorhandene Nachfolgeproblem ist die Chemiebranche auf dem besten Wege Manager von außen zu rekrutieren, selbst wenn es sich dabei oftmals wieder um Spezialisten aus vergleichbaren Firmen handelt.

Der Chemie-Mittelstand trägt das Seinige dazu bei. Bei den namhaften Firmen dieser Branche sitzen entweder Familienmitglieder oder Manager, die ihr Handwerk von klein auf gelernt haben, in der Topetage. Sie haben sich von unten nach oben hoch gearbeitet, also vom Spezialisten zum Generalisten entwickelt. Es funktioniert hier anscheinend auch selten, dass ein von der Branche völlig unbeleckter Top-Manager ein Traditionsunternehmen - und davon haben wir noch sehr viele in der Chemie - erfolgreich und zukunftsorientiert führen kann. Einige Private Equity-Unternehmen haben diesen Austausch schon ausprobiert und sind dabei vielfach auf die Nase gefallen. Die Chemie hat ihre eigene Kultur und Gesetzmäßigkeiten, was ein Außenstehender wissen muss, wenn er dort ein Engagement eingeht. Bedingt durch die tradierten Strukturen, die in der Vergangenheit manch¬mal auch belächelt wurden, sind die deutschen Chemieunternehmen trotz der Finanzkrise besser aufgestellt, als die meisten anderen Wirtschaftszweige. Sie dürften für die deutsche Volkswirtschaft ein wichtiges Bollwerk gegen die Krise bilden.

Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die deutsche Energie- und Chemiewirtschaft gut für den Weg durch die Wirtschaftskrise gewappnet ist. Wir haben in vielen Führungspositionen Manager sitzen, die ihr Handwerk verstehen. Dabei hilft ihnen ihre langjährige Erfahrung als Experte im gleichen oder vergleichbaren Unternehmen. Meistens lässt sich der berufliche Lebensweg der Chemie- bzw. Energiemanager eindeutig nachverfolgen, d.h. vom Spezialisten zum Generalisten. An¬dere Branchen können und sollten davon lernen. Banken, die ihre eigenen Produkte nicht mehr verstehen, haben unter anderem zu dieser Finanzkrise beigetragen. Im Vordergrund stand anscheinend nur die Vermarktung. Amerika lässt grüßen. Aber auch der Einzelhandel leidet darunter, dass auf Topetagen immer weniger Führungskräfte sitzen, die das Geschäft gelernt haben. Ein Beispiel dafür ist Arcandor: Ein Traditionskonzern, der heute nur noch ein Schatten seiner selbst ist.

Hier fehlt an der Spitze ein Fachmann aus dem Einzelhandel, der dem Unternehmen und den Mitarbeitern wieder neue Impulse gibt und Perspektiven aufzeigt. Ein Investmentbanker ist hier Fehl am Platz. Darüber hinaus gibt es auch in anderen Branchen, wie zum Beispiel in der Touristik, etliche Beispiele, wo man den Eindruck gewinnen kann, dass auf manchen Führungsetagen wenig Sachverstand vorhanden ist.

Letztendlich zieht sich die Situation, dass in vielen Unternehmen Experten durch sogenannte Generalisten ausgetauscht werden, wie ein roter Faden bis hin zur Politik durch, bei der in der jüngsten Vergangenheit auch wichtige Ressorts durch „Laien“ besetzt wurden. Die Ergebnisse dürfen die Steuerzahler in den nächsten Jahren noch ausbaden. Es ist in diesem Zusammenhang sehr bedenklich zu argumentieren, dass das Ministeramt ein rein politisches Amt ist und dort weniger Sachverstand gefragt ist, der ja letztendlich auf den unteren Ebenen vorhanden sein sollte. Es ist gefährlich, wenn man die Empfehlungen und Vorschläge, die man von seinen Mitarbeitern bekommt, nur halb versteht und sie dann in der Öffentlichkeit vertreten soll, wie in der jüngsten Vergangenheit oft geschehen. Dass es dabei zu Fehlentscheidungen und damit verbundenen Problemen bis hin zu Rücktrittsforderungen kommt, ist absehbar. Also gilt nach wie vor „Schuster bleib bei deinem Leisten!“ Dies gilt im Übrigen auch für das Beratungsgeschäft. Nicht Größe und Name zählen, sondern vielmehr Branchenexpertise und langjährige Erfahrung.

Wir brauchen wieder mehr Expertise auf den Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft und auch in der Politik. Nur dann kann man erfolgreich die Wirtschaftskrise überstehen, wie wir sie in 2009 vor uns haben!

Claus-Peter Barfeld, Geschäftsführer der Barfeld & Partner GmbH


Themen in dieser Meldung:


Unternehmensinformation / Kurzprofil:

Die Barfeld & Partner GmbH konzentriert ihre Beratungstätigkeit auf die gezielte Suche von Führungskräften und hochkarätigen Spezialisten. Die Durchführung von Intergrationscoa¬chings und Management-Audits runden das Geschäftsfeld der Personalberatung ab. Ein weite¬rer Schwerpunkt ist die Vermittlung von mittelständischen Unternehmen und Beteiligungen im Rahmen einer M&A-Beratung. Die Sozietät steht den Unternehmen der Energie- und Chemiewirtschaft seit nunmehr 25 Jahren als Branchenspezialist zur Verfügung.



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Kontakt / Agentur:

Ansprechpartnerin: Frau Smilja Milutinovic



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Bereitgestellt von Benutzer: Barfeld
Datum: 08.12.2008 - 11:23 Uhr
Sprache: Deutsch
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Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: Frau Smilja Milutionovic
Stadt:

Mülheim an der Ruhr


Telefon: 0208-450 450

Kategorie:

Energiewirtschaft


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