IndustrieTreff - "Atmungsaktivität" in der Qualitätssicherung

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"Atmungsaktivität" in der Qualitätssicherung

ID: 1111370

Über die Eignung verschiedener Prüfverfahren für die Bestimmung des Wasserdampfdurchgangswiderstands von Textilien


(PresseBox) - Frau Müller hat eine Reklamation eingereicht und bemängelt die "Atmungsaktivität" ihrer kürzlich gekauften Outdoor-Jacke, in der sie sich nicht wohl fühlt und schwitzt. Ausgezeichnet ist die Jacke mit einer Dampfdurchlässigkeit von 3000g/m2 über 24 Stunden.
Frau Müller glaubt bei diesem Wert an eine hohe "Atmungsaktivität", doch sie irrt sich, wie Frau Off, Leiterin des Labors Bekleidungsphysiologie der Hohenstein Institute, klarstellen kann: "Eine Dampfdurchlässigkeit von 3000g/m2/24h entspricht einem Ret-Wert von ca. 40 m²Pa/W. Dieser Wert bezeichnet eine geringe Atmungsaktivität. Gute Werte liegen über 10000 g/m²/24h, sehr gute um 27000 g/m²/24h. Textilien, die sich durch solche Werte auszeichnen, erlauben eine hohe Atmungsaktivität des Produkts."
Nun ist Herr Bohrer vom Qualitätsmanagement gefragt. Es liegt an ihm herauszufinden, wo der Mangel liegt und wie eine Produktverbesserung bzw. eine bessere Beratung Frau Müller zukünftig zufrieden stellen kann. Prüfen wird er hierfür den Wasserdampfdurchgangswiderstand des Produkts. Mit Hilfe dessen kann er die "Atmungsaktivität" bestimmen. An diesem Punkt steht er jedoch, so wie Qualitätssicherungen häufig, vor der Frage, welche Prüfmethode sich hierfür am besten eignet.
Verschiedene genormte Prüfmethoden haben sich etabliert, zum einen gravimetrische Methoden, d.h. Bechermethoden und zum anderen "sweating guarded-hotplate" Methoden, denen eine Messung mit dem Hautmodell zu Grunde liegt. Die Crux liegt in der Verschiedenheit der Methoden. Diese differenzieren sich in Prüfverfahren, Prüfaufbau, Umgebungsbedingungen, in denen getestet wird, sowie in den Einheiten, in denen Messergebnisse angegeben werden. Eine Vergleichbarkeit der Prüfergebnisse ist somit nur schwer möglich, die Reproduzierbarkeit nicht immer gegeben. Kehren wir zu unserem oben genannten Beispiel zurück, so ist das ein Problem für Herrn Bohrer. Für ihn bilden verlässliche, objektive Daten und einheitliche Prüfmethoden unabhängig vom Prüflabor den Knackpunkt für die Optimierung und Weiterentwicklung von Produkten sowie für eine gute Beratung von Frau Müller. Denn optimaler Tragekomfort sowie Verbrauchersicherheit sind für sie entscheidend.




Was tun? Frau Off, Expertin auf dem Fachgebiet Bekleidungsphysiologie, weiß Rat:
"Für die Produktionskontrolle können die Bechermethoden eine relativ schnelle und vor allem preiswerte Lösung sein. Wie aber die "Atmungsaktivität" eines Textils beim Tragen empfunden wird, kann nur mit dem Hautmodell gemessen werden."
Um die Vor- und Nachteile beider Methoden auf einen Blick zu erfassen, haben wir sie gegenübergestellt (siehe Abbildung 4).
Umgesetzt in unser Beispiel heißt dies für Herrn Bohrer, dass er mittels der Prüfung des Ret-Werts mit dem Hautmodell neben der "Atmungsaktivität" gleichzeitig das Trageempfinden bewerten kann, welches Frau Müller bemängelt hat. Mit Hilfe der Prüfergebnisse zum Ret-Wert, die er sich prinzipiell vom Lieferanten nennen lassen sollte, kann er zum einen Optimierungspotenziale erkennen, zum anderen seine Kunden gezielt beraten. Für Frau Müller bedeutet dies, dass sie sich nicht auf Werbeaussagen verlassen sollte. "Atmungsaktiv" kann vieles genannt werden, doch nur eine verbindliche Aussage über den Ret-Wert eines Textils gibt Aufschluss über seine tatsächliche "Atmungsaktivität".
Infobox:
Bechermethoden:
Zahlreiche Normen definieren verschiedene Bechermethoden zur Bestimmung des Wasserdampfdurchgangswiderstands. Unter anderem werden die "desiccant method" (ASTM E 96 A, C, E), die "water method" (ASTM E 96 B, D) und die "inverted cup method" (ASTM E 96 BW) beschrieben. Alle Bechermethoden beruhen darauf, dass der Wasserdampf, welcher durch das Textil geht, gravimetrisch, d.h. mittels Gewicht, bestimmt wird. Aus den Werten lassen sich die Wasserdampfdurchlässigkeit und damit die "Atmungsaktivität" eines Textils ermitteln. Ermittelte Werte werden z. B. als Wasserdampftransmissionsrate (water vapour transmission rate (WTR)), Wasserdampf-durchlässigkeit (water vapour permeance (Wd) oder water vapour permeability (WVP)) oder relative Wasserdampfdurchlässigkeit (relative water vapour permeability (RWVP)) angegeben.
Hautmodellmessung:
Die "sweating guarded-hotplate" Mehode ermittelt den Ret-Wert, den Wasserdampfdurchgangs-widerstand, eines Textils. Die Messung erfolgt mit einem Hautmodell (sweating guarded-hotplate). Das Kernstück des Hautmodells ist eine auf 35°C erwärmte poröse Sintermetallplatte. Das zu prüfende Textil liegt auf der Heizplatte, durch deren "Poren" Wasserdampf tritt. Dieser simuliert den verdunsteten Schweiß, mit dem ein Textil in Kontakt kommt. Ausschlaggebend für die Messung und Berechnung der Wasserdampfdurchlässigkeit ist die Energie, die zugeführt werden muss, um die Temperatur der Heizplatte konstant zu halten. Durch den verdunstenden Schweiß würde sonst die Heizplatte abgekühlt werden. Der durch das Textil transportierte Wasserdampf wird durch neuen, der durch die Poren dringt, ersetzt.
Die Prüfung findet unter standardisierten Bedingungen in einem Klimaschrank statt, in welchem eine definierte Prüfumgebung eingestellt wird.


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Datum: 22.09.2014 - 15:49 Uhr
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