Ausschuss für Risikobeurteilung der Europäischen Chemikalienbehörde schlägt neue Gefahreneinstufung von Titandioxid vor / Chemieverband hält Empfehlung für nicht nachvollziehbar
(ots) -
- Studien belegen keinen Zusammenhang zwischen Exposition von
Titandioxid-Staub am Arbeitsplatz und Krebsrisiko
- Sogenannte Lung-overload-Studien an Ratten sind nicht auf
Menschen übertragbar
- Deutsche Gesetzgebung regelt Staub-Exposition am Arbeitsplatz
besonders streng
Der Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der Europäischen
Chemikalienbehörde ECHA hat empfohlen, das Weißpigment Titandioxid
als "einen Stoff mit Verdacht auf krebserzeugende Wirkung beim
Menschen" durch Einatmen einzustufen. Der Verband der Chemischen
Industrie (VCI) kommt nach eigener Einschätzung zu einem anderen
Ergebnis: "Die Bewertung ist aus toxikologischer Sicht nicht
nachvollziehbar und führt zu einer großen Verunsicherung der
Verbraucher. Außerdem hat die Bewertung gravierende Auswirkungen auf
die betroffenen Industriebranchen", sagte Gerd Romanowski,
VCI-Geschäftsführer Technik und Umwelt.
Frankreich hatte bei der ECHA eine Einstufung von Titandioxid als
krebserzeugend angeregt. Der französische Vorschlag stützt sich dabei
auf Studien an Ratten, die extrem hohe Konzentrationen an
Titandioxid-Staub inhaliert hatten. Dies führte zu sogenannten
Lungenüberladungen (lung overload) durch das Einatmen von
Staubpartikeln.
Alle relevanten Leitlinien der ECHA, der OECD und des Europäischen
Zentrums für Toxizität und Ökotoxizität stellten jedoch
übereinstimmend fest, dass Ergebnisse aus derartigen
Lung-overload-Studien an Ratten nicht auf den Menschen übertragbar
seien. Darauf wies Romanowski nachdrücklich hin. Auch
epidemiologische Studien zeigten keinen Zusammenhang zwischen der
Exposition von Titandioxid-Staub am Arbeitsplatz und einem Risiko für
Krebs. Außerdem sei in Deutschland die Staub-Exposition am
Arbeitsplatz bereits durch den allgemeinen Grenzwert für Staub
besonders streng geregelt. "Entzündungsprozesse in der Lunge können
durch das Einatmen von Staubpartikeln entstehen, die nicht vom Körper
abgebaut werden. Sie sind daher keine spezielle Eigenschaft von
Titandioxid, sondern charakteristisch für Stäube", erläuterte
Romanowski. Weiter ergänzte er: "Stäube treten vor allem am
Arbeitsplatz auf. Die vorhandene Regelung im Arbeitsschutz über den
allgemeinen Staubgrenzwert ist daher das geeignete Instrument, die
Gesundheit des Menschen zu schützen."
Titandioxid ist das am häufigsten verwendete Weißpigment. Aufgrund
seiner hervorragenden technischen Eigenschaften findet es breite
Verwendung in fast allen Branchen und Wertschöpfungsketten: zum
Beispiel in Farben, Lacken, Kunststoffen oder bei der
Papierherstellung. In der Regel ist Titandioxid in eine Matrix wie
Bindemittel und Kunststoff gebunden. Es liegt somit nicht als Staub
vor, sodass eine sichere Anwendung gewährleistet ist.
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Datum: 09.06.2017 - 16:40 Uhr
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