Greenpeace: Tschernobyl auch nach 25 Jahren noch gefährlich/ Staatengemeinschaft muss Bergung des Tschernobyl-Brennstoffs angehen
(ots) - Der neue Sarkophag um den zerstörten
Atomreaktor in Tschernobyl kann die Außenwelt nur für einige
Jahrzehnte vor den Folgen eines Zusammenbruchs der ersten Schutzhülle
und damit vor der Ausbreitung hochradioaktiven Staubs schützen. Das
belegt eine aktuelle Studie der Physikerin Oda Becker im Auftrag der
unabhängigen Umweltschutzorganisation Greenpeace. 25 Jahre nach der
Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl sind Schätzungen zufolge bis zu 95
Prozent des Kernbrennstoffs im Reaktorgebäude verblieben. Greenpeace
fordert die internationale Staatengemeinschaft auf, die Bergung des
Brennstoffs endlich anzugehen und einen Plan dafür vorzulegen.
Gestern hatte die Staatengemeinschaft in Kiew angekündigt,
zusätzliche 550 Millionen Euro für die Beseitigung der
Tschernobyl-Folgen bereitzustellen.
"Die Aufstockung der Mittel muss an Bedingungen geknüpft werden:
Die Vorlage eines Konzepts zur Bergung und Verwahrung des
hochradioaktiven Brennstoffs aus dem Reaktor, sowie der Verzicht auf
den weiteren Ausbau der Atomkraft in der Ukraine müssen
Grundbedingungen für weitere Zahlungen sein," sagt Tobias Münchmeyer,
Atomexperte bei Greenpeace, vor Ort in Kiew.
Die ukrainische Regierung plant, eine neue Schutzhülle aus Stahl
zu bauen. Sie soll den maroden Sarkophag überwölben. Mit einer Fläche
von über 42.000 Quadratmetern wäre das Bauwerk dreimal so groß wie
der Petersdom in Rom. Zur Finanzierung hat die internationale
Staatengemeinschaft bis jetzt 864 Millionen Euro bereit gestellt.
Deutschland ist mit 60 Millionen Euro daran beteiligt. Die
Einschätzung der Gesamtkosten liegt mittlerweile bei 1,6 Milliarden
Euro.
"Mit dem neuen Sarkophag hangelt man sich von einem Provisorium
zum nächsten", so Münchmeyer. "Die Staaten geben viel Geld ihrer
Steuerzahler zur Bewältigung der Tschernobyl-Katastrophe aus und
gleichzeitig setzen sie neue Anreize für den Ausbau der Atomkraft in
der Ukraine. Das ist absurd." Anstatt die Ukraine beim Umbau des
veralteten atomlastigen Energiesystems zu unterstützen, finanzieren
die internationalen Banken (European Bank for Reconstruction and
Development und die European Investment Bank) für knapp eine
Milliarde Euro neue Hochspannungsleitungen. Über diese soll zukünftig
ukrainischer Atomstrom aus bis zu vier Reaktoren sowjetischer
Bauweise in die EU exportiert werden.
"Mit Fukushima steht die Welt vor einem zweiten Tschernobyl.
Wieviele Tschernobyls will sich die Welt noch leisten bevor sie aus
der Atomkraft aussteigt?", fragt Münchmeyer. 2006 hat Greenpeace eine
Studie vorgelegt, derzufolge die Tschernobyl-Katastrophe mindestens
93.000 Todesopfer allein durch Krebserkrankungen gefordert hat.
Achtung Redaktionen:
Rückfragen bitte an Tobias Münchmeyer in Kiew, Tel.: 0151-145 330
73 oder Pressesprecherin Mirja Schneemann, Tel.: 0171-878 11 85. Das
Gutachten finden Sie im Internet unter www.greenpeace.de.
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Datum: 20.04.2011 - 08:01 Uhr
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