IndustrieTreff - BINE-Interview über Geothermie-Perspektiven am Oberrhein

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BINE-Interview über Geothermie-Perspektiven am Oberrhein

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BINE-Interview über Geothermie-Perspektiven am Oberrhein

(pressrelations) -
Dritte Bohrung entlastet den Untergrund

In Landau ist es 2009 zu merklichen Erdstößen gekommen, die von der örtlichen Geothermie-Anlage verursacht worden sind. Seither musste der Druck in der Anlage gedrosselt werden, um weitere seismische Zwischenfälle zu vermeiden. Genehmigungsbehörden, Bürger und Betreiber haben die Zeit seither für ein Mediationsverfahren sowie technische und konzeptionelle Änderungen an der Anlage genutzt. Es gibt neue Perspektiven. Dr. Christian Lerch, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft geo x GmbH, im BINE-Interview.

Die Geothermieanlage in Landau ist 2009 wegen Erdstößen in die Schlagzeilen gekommen. Wie ist es seither mit der Anlage weitergegangen?

Die spürbaren Ereignisse haben zu Verunsicherung in Teilen der Bevölkerung geführt. Wir haben uns dann bemüht zu vermitteln, warum es dennoch eine gute Idee ist, in Landau Geothermie zu nutzen. Ich glaube, das ist uns auch an vielen Stellen gelungen.

Wir haben ein seismisches Messnetz aufgebaut, um die Reaktionen in unserem Reservoir besser messen zu können. Dies ermöglicht uns, den Injektionsdruck in Abhängigkeit vom Verhalten des Untergrundes zu variieren.

Das Bergamt hat uns 2009 eine Druckbeschränkung für die Injektionsbohrung auferlegt, damit ist der wirtschaftliche Betrieb der Anlage gefährdet worden. Dieser Umstand ist insbesondere für die Gesellschafter des Kraftwerkes ein schwieriger Punkt gewesen. Im Ergebnis hat das jetzt dazu geführt, dass man plant, die Anlage zu überarbeiten.

Anfang 2012 haben die Gesellschafter Pfalzwerke und EnergieSüdwest ein Konzept entwickelt, die Anlage umzubauen und unter anderem durch das Niederbringen einer dritten Bohrung sowohl die Sicherheit des Kraftwerks zu erhöhen als auch die Wirtschaftlichkeit wiederherzustellen.

Wie dicht ist mittlerweile das Netz an Erdbebendetektoren?

Es gibt im Gebiet um Landau 6 Messstellen und zusätzlich im Stadtgebiet weitere 6 Messstellen, die die Erschütterung direkt in Gebäuden messen. Die Werte der Messstellen in der Stadt kann man auf unserer Homepage online einsehen.





Welche Schäden an Gebäuden sind eigentlich aufgetreten und wie gehen Sie mit den Betroffenen um?

Es gibt in Bezug auf die in Landau entstandenen Schäden sehr unterschiedliche Auffassungen. Nach den uns vorliegenden Gutachten ist es zumindest unwahrscheinlich, dass es überhaupt zu nennenswerten Schäden gekommen ist. Es gibt aber auch Bürger, die behaupten, an ihrem Haus sei es beispielsweise zu Putzrissen gekommen. Wir möchten das unter anderem mit Hilfe des Ombudsmannes klären.

Welche Aufgaben hat der Ombudsmann?

Wenn ein Bürger sich durch das Kraftwerk in irgendeiner Form beeinträchtigt fühlt, kann er sich an den Ombudsmann wenden. Er vermittelt dann als Bürgeranwalt zwischen Betreiber, Bürger und ggf. Versicherung.

Welche Strom- und Wärmeerzeugung war in den beiden letzten Jahren mit den eben genannten Auflagen noch möglich?

Im Betriebsjahr 2010 haben wir in 8.276 Betriebsstunden rund 16.700 Megawattstunden Strom erzeugt. In 2011 waren es 6.846 Betriebsstunden und ca. 11.200 Megawattstunden Strom. Die Fernwärme wurde erst in der Heizperiode 2011/2012 in den Regelbetrieb übernommen, da liegen die Daten noch nicht vor.

Erstmals in Deutschland fand ein Mediationsverfahren zu einer Geothermieanlage statt. Wie lief das ab und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Das Mediationsverfahren ist sicher indirekt durch die Erschütterungen in 2009 ausgelöst worden, bezog sich aber auf die anderen in der Südpfalz geplanten Projekte. Folgerichtig war auch der Titel des Verfahrens "Mediation Tiefe Geothermie Vorderpfalz". Es saßen sich einige Projektbetreiber und die ? wenn man so will ? zugehörigen Bürgerinitiativen aus den jeweiligen Gemeinden gegenüber. Ziel war, Empfehlungen für zukünftige Projekte in Rheinland-Pfalz auszuarbeiten. Insbesondere zu Beginn war das Klima eher unversöhnlich, aber nach einem Jahr hat sich eine eigene Gesprächskultur entwickelt, selbst wenn man nicht in allen Punkten zu einer Einigung kam.

Wann wird die Mediation abgeschlossen sein und mit welchem Ergebnis rechnen Sie?

Die Phase der Ausarbeitung der Empfehlungen ist seit März abgeschlossen. Die Landesregierung hat nun versprochen, die Ergebnisse wenn möglich auch in Gesetze und Verordnungen einfließen zu lassen. Dies kann aber naturgemäß noch einige Monate dauern. Erst dann ist formal die Mediation abgeschlossen. Zudem soll noch für den Standort Schaidt in der Südpfalz eine Lösung zwischen den Bürgerinitiativen und Betreibern gefunden werden, bis die Mediation beendet ist.

Zentrales Ergebnis ist die Stärkung von Bürgerbeteiligung sowohl in der Planungsphase (z. B. durch Bürgervertrauensleute in den Genehmigungsbehörden) als auch in der Betriebsphase (z. B. durch die Einsetzung eines Ombudsmannes).

Die Genehmigungsbehörden des Landes haben die Anlage seit 2009 intensiv geprüft. Wie ist der aktuelle Stand?

Wir arbeiten auch in Zukunft eng mit der Genehmigungsbehörde zusammen, da die intensive Prüfung auch in unserem Interesse ist. Wir haben so schon viele Ideen entwickelt, wie wir das eine oder andere technische Problem lösen können.

Welche technischen Auflagen und neuen Anforderungen von Seiten der Genehmigungsbehörden erwarten Sie für den weiteren Betrieb?

Das derzeitige Sicherheitskonzept ist mit den Behörden abgestimmt und entspricht weitgehend den Anforderungen, die auch im Mediationsverfahren erarbeitet wurden. Insofern erwarten wir keine wesentlichen Veränderungen in der Zukunft.

Die aktuelle Vorgehensweise sieht vor, dass mit dem Messnetz das Wärmereservoir im Untergrund genau überwacht wird und bei größeren Veränderungen das Kraftwerk gedrosselt oder sogar abgeschaltet wird.

Welche Änderungen und Nachrüstungen planen die Betreiber selbst?

Im Konzept zur Überarbeitung der Anlage sehen wir als wesentlichen Punkt die Realisierung einer dritten Bohrung vor. Die Bohrung wird eine Injektionsbohrung sein und gibt uns die Möglichkeit, den Thermalwasserstrom, den wir wieder nach unten bringen möchten, aufzuteilen. Damit sinkt der Injektionsdruck automatisch und das Risiko seismischer Ereignisse nimmt deutlich ab.

Wie schätzen Sie insgesamt die Zukunftsaussichten der Geothermieanlage Landau ein?

Ich glaube, die Zukunftsaussichten sind wirklich gut. Mit der Überarbeitung der Anlage haben wir eine Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit der Geothermie hier in Landau wieder herzustellen. Die Landesgartenschau 2014 in Rheinland-Pfalz findet direkt um das Kraftwerk statt und die Umbauten werden bis dahin abgeschlossen sein. Mit der Erzeugung von regenerativem Strom und Fernwärme für die Hausheizung aus Thermalwasser hier am Standort können wir dann wieder für uns werben.

Was kann man bei heute geplanten oder im Bau befindlichen Anlagen aus Ihren Erfahrungen in Landau lernen?

Wir sind heute in vielen Dingen einen Schritt weiter, schließlich ist schon fast ein Jahrzehnt vergangen, seit die Anlage Landau als Pilotprojekt im Rahmen der Energieforschung geplant wurde. Bei dem neuen Kraftwerksprojekt in Insheim haben wir die zwischenzeitlichen Erfahrungen aus Landau direkt umgesetzt. So ist die Injektionsbohrung in Insheim gegabelt, damit sich der Druck im Untergrund verteilt oder im Kraftwerksbereich wird eine andere Pumpentechnologie verwandt. Man kann sagen, dass die heute entstehenden Kraftwerke zur Generation Geothermie 2.0 gehören und wir werden hier auch weiter auf dem Weg sein.

Zum Hintergrund

Die Geothermieanlage Landau ging Ende 2007 in Betrieb. Sie nutzt hydrothermale Ressourcen im Oberrheingraben in rund 3.000 m Tiefe. Das geförderte Wasser verfügt über eine Temperatur von knapp 160 °C und wird in einem geothermischen Kraftwerk zur Stromerzeugung und in einem Wärmenetz zur Wärmeversorgung genutzt. Das BINE-Projektinfo "Geothermische Stromerzeugung in Landau" stellt die Anlage vor.


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Datum: 17.04.2012 - 15:30 Uhr
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